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13. Oktober 2016 von Susanne Werner
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Scheidung aus Verschulden – noch zeitgemäß? Fachübergreifende Podiumsdiskussion in Wien bestätigt Reformbedarf

Auf europäischer Ebene ist Österreich einer der letzten Staaten, in dem im Scheidungsrecht noch das Verschuldensprinzip gilt. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird jedoch in der Gesellschaft, insbesondere der Richterschaft, diskutiert, ob der Verschuldensausspruch bei der Ehescheidung noch zeitgemäß ist. Bei einer Podiumsdiskussion orteten Befürworter und Gegner einstimmig Handlungsbedarf.

 

Die Österreichische Gesellschaft für Familien- und Vermögensrecht (ogfv) lud mit Unterstützung des Linde Verlags am 27. September 2016 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Scheidung aus Verschulden – noch zeitgemäß?“ ins voll besetzte Juridicum in Wien. Das Podium setzte sich zusammen aus Richterin Mag. Susanne Beck (BG Döbling), Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner (Universität Linz), Hon.-Prof. Sektionschef Dr. Georg Kathrein (BMJ), Rechtsanwalt Dr. Norbert Marschall, Univ.-Prof. Dr. Claudia Rudolf (Universität Wien) und Prof. (FH) Dr. Michael Schmitz (Lauder Business School, Wien). Die Moderation übernahm Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Scheuba. Im Rahmen der Diskussion wurden auch rechtsvergleichende (Univ.-Prof. Dr. Claudia Rudolf) und interdisziplinäre (Prof. (FH) Dr. Michael Schmitz) Aspekte mitberücksichtigt.

 

Einhelliger Tenor der Podiumsdiskutanten war, dass das österreichische Eherecht und insbesondere das Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht reformbedürftig sind. Wie die Reform allerdings auszusehen hätte, diesbezüglich schieden sich die Geister, was auch die rege Diskussion mit dem Publikum nach der Podiumsdiskussion verdeutlichte. Die Anzahl der Besucher der Veranstaltung zeigte wie sehr die Scheidung aus Verschulden die Praxis als auch die Wissenschaft bewegt.

 

Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner, Institutsvorständin des Instituts für Europäisches und Österreichisches Zivilverfahrensrecht an der Johannes Kepler Universität Linz und namhafte Familienrechtlerin, nahm aus Sicht der Wissenschaft Stellung und sprach sich gegen das geltende Verschuldensprinzip aus. Insbesondere mit Hinblick auf die Auswirkungen auf den Unterhalt hält sie es für geboten, vom Verschuldensprinzip abzurücken und argumentiert unter anderem rechtsvergleichend mit der deutschen Rechtsordnung, wo das Verschuldensprinzip bereits im Jahr 1977 abgeschafft wurde.

 

Prof. (FH) Dr. Michael Schmitz, Psychologe und Paartherapeut, meinte ein Verschuldensausspruch würde bedeuten, es wäre möglich, Schuld eindeutig zuordnen zu können, was seiner Ansicht nach nicht möglich sei. Die Betroffenen Ehegatten sehen sich selbst vornehmlich als Opfer, das Gegenüber als „Täter“; das eigene Verhalten als bloße Reaktion auf das des anderen. Die Rollenverteilung sei jedoch in den wenigsten Fällen so eindeutig, weshalb er die Abschaffung des Verschuldensausspruchs klar befürwortet.

 

Vertreter des Verschuldensprinzips argumentierten hingegen mit dem Vertragscharakter der Ehe, der es einem Ehegatten nicht ermöglicht, ohne Pflichtverletzung des anderen (Vertrags-)Partners vom – mit der Eheschließung eingegangenen – Vertrag abzugehen.

 

Ein Thema das auch in Zukunft zu kontroversen Diskussionen anregen wird.

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